Klärschlammverbrennung Walheim: Antworten auf häufige Fragen

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Hier finden Sie Antworten auf häufig gestellte Fragen. Die Antworten wurden im September 2025 zusammengestellt. Bei Bedarf werden sie aktualisiert.
KVA = Klärschlammverbrennungsanlage
RPS = Regierungspräsidium Stuttgart
Standortwahl der Klärschlammverbrennungsanlage
Das RPS als Genehmigungsbehörde kann nur über einen Antrag entscheiden, der gestellt wurde. Beim RPS wurde ein Antrag auf die Errichtung und den Betrieb einer KVA in Walheim gestellt. Die Prüfung und Entscheidung des RPS erfolgt anhand der gesetzlichen Vorgaben. Das RPS entscheidet nicht über die Standortwahl, dies obliegt dem Vorhabenträger. Die EnBW erläutert auf ihrer Internetseite, warum sie sich für den Standort Walheim entschieden hat.
Die Entscheidung gegen eine KVA in Heilbronn wurde von der Stadtverwaltung Heilbronn getroffen. Die Standortentscheidung für Walheim wurde von der EnBW getroffen. Das RPS war in beide Vorgänge nicht involviert.
Uns ist in diesem Zusammenhang wichtig, die Öffentlichkeit umfassend und transparent zu informieren. Dennoch erreichen unsere Auskünfte nicht immer alle oder werden verkürzt bzw. verfälscht weitergegeben. So hält sich zum Beispiel die falsche Behauptung, das RPS oder die damalige Gemeinderätin Susanne Bay hätten eine KVA in Heilbronn verhindert. Wie die Ludwigsburger Kreiszeitung kürzlich berichtet hat, trifft dies nicht zu: Frau Bay hat als Gemeinderätin nie über eine etwaige Klärschlammverbrennungsanlage in Heilbronn abgestimmt – da ja oder nein im Gemeinderat von Heilbronn nie zur Abstimmung stand. Die Vorentscheidung, dass der Standort Heilbronn nicht geeignet ist für eine KVA, wurde von der Stadtverwaltung getroffen, nicht vom Gemeinderat, vergleiche Sitzungsunterlagen des Gemeinderats vom 11.08.2021.
Wir nehmen wahr, dass das Thema emotional diskutiert wird. Für das RPS gilt jedoch strikt: Wir entscheiden nicht nach politischen Interessen oder parteipolitischen Vorgaben, sondern allein nach den gesetzlichen Grundlagen. Nur so können Verfahren transparent, fair und rechtsstaatlich ablaufen.
Genehmigungsverfahren
Die Stellungnahmen der Gemeinde Walheim, des Gemeindeverwaltungsverbands Besigheim, der Stadt Besigheim, der Gemeinden Kirchheim und Gemmrigheim sowie des Landkreises Ludwigsburg und des Regionalverbands Stuttgart wurden alle im Verfahren berücksichtigt. Die Gemeinden Walheim und Gemmrigheim haben zudem eigene Einwendungen erhoben. Der Regionalverband wies auf die Notwendigkeit eines Zielabweichungsverfahrens hin – dieses wurde durchgeführt und mit Bescheid vom 23.05.2024 positiv beschieden worden.
Mit dem Antrag der EnBW auf Genehmigung ist das RPS verpflichtet, diesen Antrag zu prüfen – allein auf Grundlage der geltenden Gesetze. Alle Stellungnahmen wurden sorgfältig geprüft. Sie führten jedoch nicht zu einer Ablehnung der ersten Teilgenehmigung, da die gesetzlichen Voraussetzungen nach § 6 Abs. 1 Bundes-Immissionsschutzgesetz erfüllt waren. Die Antragstellerin hat einen gesetzlichen Anspruch auf eine Entscheidung, vergleiche unsere Medienmitteilung vom 25. Juni 2025.
Die Einwendungen, die seitens der Bevölkerung an das RPS herangetragen wurden, wurden umfassend geprüft. Die Behandlung der Einwendungen erfolgte aufgrund ihrer Vielzahl thematisch und inhaltlich gebündelt und kann im hier im Internet eingesehen werden (ab Seite 395).
Das RPS als höhere Immissionsschutzbehörde prüft die objektive Genehmigungsfähigkeit eines Vorhabens. Ihm kommt im Rahmen seiner Prüfung kein Ermessensspielraum zu, was bedeutet, dass die Genehmigung zu erteilen ist, wenn die Voraussetzungen des § 6 Abs. 1 BImSchG vorliegen. Da dies hier der Fall war, hat das RPS die erste Teilgenehmigung trotz der Einwendungen erlassen.
Der Erörterungstermin hat vom 24.07.2024 bis zum 26.07.2024 im Forum am Schlosspark in Ludwigsburg stattgefunden. Die Verlegung des Erörterungstermins nach Ludwigsburg erfolgte aus Platzgründen, da so viele Einwendungen eingegangen waren. Zunächst war die Gemeindehalle in Walheim für den Erörterungstermin gebucht. Der Erörterungstermin dient dazu, den Einwendenden Gelegenheit zu geben, ihre Einwendungen zu erläutern. Aufgrund der Vielzahl der Einwendenden musste sichergestellt werden, dass alle von ihnen im Raum Platz finden können. Daneben steht der Erörterungstermin auch der übrigen Öffentlichkeit offen. Auch für diese mussten Plätze vorgehalten werden. Dass dies Grund für die Verlegung war, hat das RPS mehrfach kommuniziert.
Für den vorgesehenen Standort des Klärschlammheizkraftwerkes legt der Regionalplan Stuttgart einen Standort für Regionalbedeutsame Kraftwerksanlagen als Ziel der Raumordnung fest. Die geplante Anlage sieht insbesondere eine sogenannte Monoverbrennung zur Verbrennung kommunalem Klärschlamms sowie eine lokale Strom- und Wärmeerzeugung vor. Eine Verwirklichung der Anlage an diesem Standort setzt daher voraus, dass eine Abweichung von diesem Ziel der Raumordnung zugelassen werden kann. Somit war parallel zum immissionsschutzrechtlichen Verfahren die Durchführung eines Zielabweichungsverfahrens erforderlich. Der Antrag für das Zielabweichungsverfahren wurde von der höheren Immissionsschutzbehörde beim RPS im Rahmen des immissionsschutzrechtlichen Genehmigungsverfahrens gestellt. Über diesen Antrag hat die Raumordnungsbehörde beim RPS in einem eigenständigen Verfahren zu entscheiden.
Die Raumordnungsbehörde soll nach § 6 Abs. 2 ROG einem Antrag auf Abweichung von einem Ziel der Raumordnung stattgeben, wenn die Abweichung unter raumordnerischen Gesichtspunkten vertretbar ist und die Grundzüge der Planung nicht berührt werden. Damit ist die höhere Raumordnungsbehörde im Regelfall an die im Gesetz bestimmte Rechtsfolge gebunden und kann nur aus wichtigem Grund oder in atypischen Fällen von der für den Normalfall vorgesehenen Rechtsfolge abweichen. An diesem Verfahren wurden die öffentlichen Stellen sowie sonstige Verbände und Vereinigung beteiligt, soweit sie oder ihr Aufgabenbereich von der Entscheidung berührt sein können. Da die Voraussetzungen des § 6 Abs. 2 S. 1 ROG trotz der teilweise ablehnenden Stellungnahmen jedoch vorlagen und im vorliegenden Fall kein atypischer Ausnahmefall ersichtlich war, der eine Abweichung vom Regelfall zulassen würde, war ein Ermessen nicht eröffnet und die beantragte Zielabweichung zuzulassen.
Ausschlaggebend war die Situation zum Zeitpunkt der Entscheidung über die erste Teilgenehmigung. Nach intensiver Prüfung kommt das RPS zu dem Ergebnis, dass die ehemalige Kohlenhalde, auf der die KVA errichtet werden soll, bauplanungsrechtlich als Innenbereich gemäß § 34 BauGB zu bewerten ist. Die ausführliche Begründung kann der am 25.06.2025 erteilten ersten Teilgenehmigung für die KVA (S. 323-329) entnommen werden – diese ist hier abrufbar. Für die Anwendung des § 35 BauGB verbliebt in diesem Fall kein Raum mehr. Die Vorschrift ist nur anzuwenden, soweit nicht ein qualifiziert beplantes Gebiet oder ein im Zusammenhang bebauter Ortsteil vorliegt.
Da § 35 BauGB nicht zur Anwendung kommt, kann auch das gemeindliche Einvernehmen gemäß § 36 Abs. 2 S. 1 BauGB nicht aus Gründen, die sich aus § 35 BauGB ergeben, versagt werden. Die Gründe für die Versagung müssen sich vielmehr aus der Vorschrift ergeben, welche für das Gebiet einschlägig ist.
Die Gemeinde Walheim vertritt eine andere Rechtsauffassung und hat daher Klage vor dem Verwaltungsgerichtshof (VGH) in Mannheim eingereicht. Dies ist ihr gutes Recht. Der VGH hat nun diesbezüglich zu entscheiden.
Fragen zu verschiedenen Themenbereichen
Zum Betrieb der Anlage plant die EnBW, Grundwasser zu entnehmen. Dabei ist keine Absenkung des Grundwasserspiegels geplant, um einen Zufluss von Neckarwasser zu ermöglichen. Ob dies hydrogeologisch überhaupt möglich wäre, sei dahingestellt. Ob eine natürlich vorhandene Flussinfiltration gegeben ist, wird ein wesentlicher Prüfungspunkt im anstehenden wasserrechtlichen Verfahren sein. Der Antrag hierfür wurde seitens der EnBW noch nicht gestellt.
Das wasserrechtliche Verfahren, um Brunnenwasser für den Betrieb der Anlage entnehmen zu können, wird erst noch durchgeführt. In diesem Verfahren wird auch geprüft, ob ein ausreichendes Grundwasserdargebot vorhanden ist.
Betriebsbedingt kommt es zu Emissionen von Treibhausgasen (Kohlendioxid (CO2), Distickstoffoxid/Lachgas (N2O), Methan (CH4)). CO2 entsteht mitunter bei der Verbrennung des Klärschlamms.
Der Kohlenstoffanteil im Klärschlamm ist überwiegend biogenen Ursprungs und wird bei der Anwendung des Brennstoffemissionshandelsgesetzes (BEHG) mit dem Emissionsfaktor Null angesetzt. Darüber hinaus werden CO2-Emissionen verkehrsbedingt durch die Anlieferung des Klärschlamms und den Abtransport der Brüden mittels LKW freigesetzt. Die verkehrsbedingten CO2-Emissionen für den Transport des Klärschlamms nach Walheim entstehen insgesamt nicht neu. Es erfolgt eine Umverteilung der Transporte mit insgesamt kürzeren Transportwegen. Bislang wurde der anfallende Klärschlamm im Umkreis von 100 Kilometer um Walheim in Zementwerken in Bayern (8 %) und Baden-Württemberg (32 %), in Verwertungsanlagen im Rhein-Neckar-Dreieck (23 %) und am Standort der EnBW in Lippendorf bei Leipzig (33 %) entsorgt. Insbesondere durch den Wegfall der Transporte nach Lippendorf ist nicht von zusätzlichen transportbedingten Treibhausgasemissionen auszugehen.
Zur ausführlichen Darstellung der Auswirkungen der KVA auf das Schutzgut „Klima“ sowie auf das Schutzgut „Mensch“ wird auf die zusammenfassende Darstellung und die begründete Bewertung der Umweltverträglichkeitsprüfung im Rahmen der ersten Teilgenehmigung (S. 168-171, S. 203-211) hingewiesen. Diese kann hier abgerufen werden.
Das RPS ist eine Verwaltungsbehörde, die an Recht und Gesetz gebunden ist. Was die KVA in Walheim angeht, hat das RPS über den Antrag der Vorhabenträgerin zu entscheiden.
Die Monoverbrennung ist das einzige System der thermischen Klärschlammbehandlung, das weitestgehend energieautark zu betreiben ist. Im Regelbetrieb kann dabei sowohl die für Trocknung benötigte thermische Energie als auch die elektrische Energie für den Eigenbedarf der Gesamt-anlage komplett zur Verfügung gestellt werden. Zusatzbrennstoffe werden ausschließlich beim Anfahren der Anlage nach einem Stillstand benötigt. Die thermische Verwertung entspricht dem Stand der Technik und kann bei ordnungsgemäßer Ausführung die Einhaltung hoher Umweltstandards sicherstellen. In Bezug auf den Klimaschutz und die Potentiale der gesetzlich ab 2029 vorgeschriebenen Phosphorrückgewinnung bescheinigt eine Untersuchung des Umweltbundesamt aus dem Jahr 2023 (Emissionen und Energieaufwand bei der Trocknung und Kompostierung von Klärschlamm zur Optimierung einer weiteren umweltverträglichen Verwertung) der Kombination von Trocknung und nachgeschalteter Verbrennung in einer zentralen Klärschlamm-Monoverbrennungsanlage deutliche Vorteile gegenüber allen alternativen und dezentralen Systemen, wie beispielsweise einer Pyrolyse.
Mit Antragsstellung durch die EnBW auf Erteilung einer Genehmigung muss das RPS als Genehmigungsbehörde diesen Antrag prüfen – auf Grundlage der bestehenden Gesetze. Die Antragstellerin hat gesetzlich einen Anspruch auf eine Entscheidung.
Informationen zum Thema Klärschlämme finden hier Sie auf der Seite des Umweltministeriums.
Weitere Verfahrensschritte
Für die Inbetriebnahme zwingend erforderlich ist die zweite Teilgenehmigung. Mit der ersten Teilgenehmigung wurde – verkürzt gesagt – nur der Bau der KVA genehmigt. Der Betrieb der KVA ist abschließend im Rahmen einer zweiten Teilgenehmigung zu bescheiden. Ohne diese zweite Teilgenehmigung darf die KVA seitens der EnBW nicht betrieben werden.
Weiterhin erforderlich wird eine wasserrechtliche Erlaubnis zur Entnahme von Grundwasser. Die EnBW benötigt für den Betrieb der KVA Wasser. Das wasserrechtliche Verfahren ist unabhängig vom immissionsschutzrechtlichen Genehmigungsverfahren durchzuführen. Da nur mit vorheriger wasserrechtlicher Erlaubnis Grundwasser entnommen werden darf, muss diese Erlaubnis spätestes zur Inbetriebnahme der KVA vorliegen. Die wasserrechtliche Erlaubnis zur Entnahme von Grundwasser für den Betrieb der KVA ist von der EnBW noch nicht beantragt worden. Ein Verfahren ist daher noch nicht eingeleitet worden.